Ihringen am Kaiserstuhl ist ein Unikat. Die kleine Gemeinde südlich von Freiburg ist der wärmste Ort Deutschlands. Schon im Frühjahr zur Mandelblüte nähern sich die Temperaturen häufig einem sommerlichen Niveau.
Seltene und wärmeliebende Tierarten wie Gottesanbeterinnen, Wiedehopf, Smaragdeidechsen und Bienenfresser lassen sich hier von der Sonne verwöhnen. Südländisches Flair versprühen Palmen, hier und da wachsen gar wilde Kakteen – und in den Weinbergen auf rund 600 Hektar Anbaufläche einige der besten Weine Deutschlands.
Gault Millau Winzer des Jahres 2013
Schon vor 15 Jahren konnte das Weingut Dr. Heger mit brillanten Weißweinen überzeugen, schreibt der Gault Millau-Weinführer, der Heger Ende vergangenen Jahres zum “Winzer des Jahres” kürte. Ihre Wahl begründen die Experten nicht zuletzt mit zwei großartigen weißen Burgundersorten im Jahrgang 2011, die sie zu den bundesdeutschen Top Ten zählen: ein Grauburgunder aus dem Schlossberg und ein Weißburgunder aus dem Winklerberg, der zu den berühmtesten Weinlagen in Deutschland gehört.
In der exponierten Stellung an der Südwest-Ecke des Kaiserstuhls reifen Weine, die es in den vergangenen Jahrzehnten zu Weltruhm gebracht haben. Vulkanischer Boden, Lavawände und Einschüsse von Kalk verleihen den Tropfen einen gehaltvollen, mineralischen und kräftigen Charakter. Von der Paradelage Winklerberg stammt auch der Grand Cru Häusleboden, den die Autoren des Gourmet-Führers als “absoluten Herzensbrecher” bezeichnen und gleich mit 93 Punkten bewerten.
“Der Weinberg bildet die Basis”, gerät Heger bei unserer Besichtigung der imposanten Rebenanlagen ins Schwärmen, “auch wenn Ihnen das jeder Winzer sagen wird. Der Winklerberg am Kaiserstuhl hat eine ganz besondere Lage, wie sie in Deutschland nur sehr schwer zu finden ist.” Der Ausnahmewinzer hat es sich nach eigenen Angaben einiges Kosten lassen, die Steilhänge entweder zu kaufen oder zu pachten.
Angesprochen auf die Ausgaben für die Bewirtschaftung der kleinen Parzellen, treibt es Heger, der seit 2007 im Präsidium des VDP Bundesverbandes sitzt und dem VDP Baden vorsteht, die Sorgenfalten auf die Stirn: “Gefragt sind Idealismus und Traditionsbewusstsein, sie lassen sich aber betriebswirtschaftlich nur schwer darstellen.” Das verwundert kaum, in den mit Stützmauern befestigten Steilterrassen mit Vulkansteinsböden ist eine mechanische Bearbeitung fast ausgeschlossen, die Reben werden in erster Linie in liebevoller Handarbeit gepflegt. Welchen Aufwand auch die klimatischen Rahmenbedingungen mit sich bringen, wird schnell deutlich, als wir nur wenige Meter nach den Hegerschen Anlagen Reben mit gelbem und halb verwelktem Blattwerk entdecken.
Topwinzer statt Landarzt
Die Liebe zum Weinanbau musste Heger erst einmal verinnerlichen – und bekennt: “Eigentlich wollte ich früher Landarzt werden wie mein Großvater.” Der praktizierte damals eigentlich als Arzt, tauschte aber aufgrund seiner zahlreichen Patienten aus Winzerfamilien kurzerhand Skalpell gegen Rebschere ein und gründete mit dem Kauf der beiden Filetstücke Ihringer Winklerberg und dem Schlossberg in Achkarren 1935 das Weingut Dr. Heger. Es war die lange Wartezeit auf einen Studienplatz, die Heger Junior schließlich doch die Zeit und Muße gegeben hat, eine Leidenschaft für den Weinbau zu entwickeln. Auch er hofft, dass eine seiner beiden Töchter einmal das etwas unscheinbar im Ortskern Ihringens beheimatete Familienweingut übernehmen wird.
www.heger-weine.de.