‚Ciel Bleu’ heißt das Gourmetrestaurant im Amsterdamer Okura. Doch das Hotel hat noch mehr zu bieten.
Dieser Tage feiert das Okura Amsterdam sein 45. Jubiläum. Am 24. September 1971 öffnete das an einem Seitenarm des Amstelkanals beheimatete 300-Zimmer-Haus im Beisein von Prinz Claus seine Pforte. Im Januar dieses Jahres wurde der Ableger der japanischen Luxushotel-Gruppe Okura als erstes Hotel in den Niederlanden mit einem 5-Sterne-Superior-Rating versehen.
Im lebendigen Viertel De Pijp gelegen vereint das Haus gleich vier Michelin-Sterne und einen Bib-Gourmand unter seinem Dach. Als Reminiszenz an den aus einem Lebensmittelgeschäft erwachsenen japanischen Mutterkonzern gibt es gleich zweimal preisgekrönte Haute-Cuisine aus Nippon. Das ‚Yamazato’ mit seiner traditionellen Kaiseki-Küche erhielt 2002 als erstes japanisches Restaurant in Europa überhaupt seinen Stern.
Im ebenfalls besternten Teppanyaki-Tempel ‚Sazanka’ werden die Speisen auf einer heißen Platte vor den Gästen zubereitet. Mehr als einen Hauch von Japan vermitteln die freundlich-zuvorkommenden Japanerinnen, die ihren Dienst im traditionellen Kimono versehen. In ihrer Heimat tragen sie diese Tracht heute – im Gegensatz zu früher – nur noch selten im Alltag.
Zwei Sterne leuchten im ‚Ciel Bleu’, der Gault Millau bewertet das Restaurant unter der Leitung von Onno Kokmeijer mit 18 Punkten. Auch wenn der Himmel – anders als der Name suggeriert – nicht immer blau ist, verzückt neben den kulinarischen Kreationen auch der herrliche Panoramablick auf die niederländische Hauptstadt.
Seit Kurzem präsentiert sich der Gourmettempel in neuer Aufmachung. Der Lounge-Bereich ist erheblich großzügiger geworden, um eine prominentere Rolle in der gastronomischen Reise zu spielen, die die Gäste im Gourmetrestaurant antreten. So gibt es dort nicht nur den Aperitif – etwa einen Ruinart-Champagner – sondern auch eine Vielzahl an Grüßen aus der Küche. Erst dann wird man an seinen Tisch mit Aussicht geleitet. Der Blickfang abseits des Panoramablicks ist die kristalline Wolke aus Murano-Glas über dem Zentrum des Restaurants.
Gleich drei so genannte „SVH Masters” sorgen sich um das Wohl der Kulinarik-Aficionados: neben „Master Chef” Kokmeijer sind das „Wine Master” Noël Vanwittenbergh und „Master Host” Pasquinel Kolk. Die „Stichting Vakbekwaamheid Horeca” (SVH) gilt in den Niederlanden als höchste gastronomische Instanz, ihre Titel vergibt sie nur nach strenger Prüfung. Das Okura ist das einzige Haus im Lande, in dem drei Master zusammenarbeiten.
Chef de Cuisine Onno Kokmeijer, der schon mit 22 Jahren den vierten Platz bei der Weltmeisterschaft der Köche belegte, wusste schon mit zehn Jahren, was seine Berufung werden sollte. In seinen Gerichten vereint der heute 43-Jährige scheinbar gegensätzliche Produkte zu spannenden, immer stimmigen Kombinationen.
Kokmeijer möchte seine Gäste nicht mit einer zu großen Auswahl überladen. Viel lieber nimmt er sie mit seiner eigenen Menü-Zusammenstellung an die Hand – freilich mit der gebotenen Flexibilität in der Hinterhand, stets auf spezielle Wünsche seiner ebenso anspruchsvollen wie gut betuchten Klientel einzugehen.
Sein Credo: lieber viele kleine Gerichte, als wenige große Portionen – eigentlich ein Gegenentwurf der französischen Haute Cuisine. Doch lässt es sich nachvollziehen: Nach drei Bissen, so die Ansicht Kokmeijers, lässt sich ein Gericht sensorisch erfassen, danach werde es langweilig. So überrascht es kaum, dass nach vier Amuse Gueules, darunter eine deliziöse Tom Yam-Garnele und Pickles mit geräucherter Schafsmilch, weitere neun Gänge folgen.
‚Oyster Royal Cabanon’ zum Beispiel, eine in Champagner pochierte Royal Cabanon-Auster, die dank Haselnuss- und Chorizo-Crumble sowie Sauerampfer-Blättern zum schillernden Aromenspektrum wird.
‚Krab Royal’, heißt das Signature Dish von Kokmeijer – ein mit Sepia-Tinte gefärbter Zylinder aus einem hauchdünnen Sellerie-Röllchen, gefüllt mit ‚Salat’ aus einer in Yuzu und Zitrone marinierten Königskrabbe. Darüber Eis aus Beurre blanc, getoppt von Baeri-Kaviar sowie einem hauchzarten Goldblättchen. Das kleine kulinarische Kleinod ist eine faszinierend nuancenreiche Komposition antagonistischer Aromen, die im Ganzen zum feinen Gesamtakkord verschmelzen.
Sommelier Noël Vanwittenbergh verfügt über knapp 430 Positionen aus aller Welt wurde. 2014 wurde der flämische Vinologe vom Gault Millau zum Sommelier des Jahres gekürt. Im vergangenen Jahr folgte der Wine Spectator mit der Verleihung des ‚Best Award of Excellence’.
Seine Weinbegleitung gleicht einer vinophilen Weltreise: vom strohgelben Manzanilla Sherry zur Auster, über einen Chablis 1er Cru von Louis Michel, einem 2012er Spätburgunder vom Badener Vorzeige-Weingut Salwey zum Lammsattel bis hin zum Chenin Blanc aus Stellenbosch zur Rotbarbe. Sämtliche Tropfen überzeugen und korrespondieren hervorragend mit den unterschiedlichen Gängen.
Mit ‚Watermelon’ bezeichnet Kokmeijer ein Gericht, dessen kreative Komplexität im krassen Gegensatz zu seinem profanen Namen steht. Grundlage ist eine in Champagner marinierte Wassermelone und in Zuckerwasser marinierter Sellerie. Sekundiert von Käsekuchen-Crème mit Kokosnuss, Merengue und niederländischem Bobby’s Schiedam Dry Gin wird daraus ein wohl proportionierter Teller, der raffiniert ist, ohne prätentiös zu sein.
Nach dem Dessert aus Virunga Cru Schokolade mit Himbeere und in 23 Jahre altem Zacapa-Rum eingelegter Yuzu neigt sich die Gourmandise im ‚Ciel Bleu’ dem Ende zu. Wie gut, dass es nur wenige Schritte bis zur ‚Twenty Third Bar’ sind. Szenekenner zählen sie zu den Bars mit den besten Cocktails in den Niederlanden.
Fotos: Okura Hotels, Christian Euler