Im ‚Mirador’ (Aussichtspunkt) ist der Name Programm. Allein der Blick durch die riesige bodentiefe Glasfront der 810 Meter hoch gelegenen Lobby kann süchtig machen.
Unterhalb der terrassenförmig angelegten Weinberge der Schweizer Riviera schmiegen sich Vevey und Montreux ans Ufer des Genfer Sees, während sich am gegenüberliegenden Ufer die Gipfel der Savoyer Alpen in den stahlblauen Himmel recken. Im nahe gelegenen Hotel du Parc gründete an Ostern 1947 die späteren Nobelpreisträger Friedrich von Hayek und Milton Friedman mit 36 Gesinnungsfreunden die Mont Pèlerin Society.
Wer glaubt, das spektakuläre Panorama sei nur den Mirador-Mitarbeitern vorbehalten, wird schnell eines Besseren belehrt. Zu jedem der 61 Timmer und Suiten gehört ein großzügiger Balkon – mit herrlichem See- und Bergblick, den man auch vom Bett aus genießen kann. Das zieht anspruchsvolle Gäste aus der ganzen Welt an, zumal ihnen ein voll ausgestattetes medizinisches Zentrum für Regeneration und Ernährung zur Verfügung steht.
Hotelchef Sébastien Elind legt großen Wert auf eine familiäre und gleichzeitig diskrete Atmosphäre. Sein ambitioniertes Ziel ist nicht weniger, als das zu den Leading Hotels oft the World gehörende Haus zu den schillerndsten Vertretern seiner Zunft weit über die Region hinaus zu machen. Hilfreich ist auf diesem Weg sicherlich der außergewöhnliche Ruf, zu dem die Kempinski-Gruppe beitrug, als sie das Mirador zwischen 1998 und 2015 managte. Im April dieses Jahres verkaufte es der bisherige Eigentümer Hartmut Lademacher, der sein Vermögen in den Glanzzeiten des Neuen Marktes machte, an einen Chinesen.
Die Historie des Hauses reicht bis in die Anfänge des vergangenen Jahrhunderts zurück. Es begann als Mon Repos Medical Center, in dem sich 1934 auch der Komponist Maurice Ravel behandeln ließ. Zum Hotel wurde das Haus 1951 – und entwickelte sich schnell zum Hot Spot der internationalen Prominenz. Zu den gekrönten Häuptern, die das Mirador bis heute immer wieder besuchen, gehörte im Jahr 1971 auch das japanische Kaiserpaar.
Im Wellness-Bereich lockt neben dem Hammam das einzige Givenchy-Spa der Schweiz. Traditionelle hawaiianisches Lomi-Lomi, eine Fusion-Massage zwischen Orient und Okzident oder die vierhändige Behandlung mit Ylan Ylang-Öl: Die Auswahl der Anwendungen lässt kaum Wünsche offen.
Als Gast fühlt man sich jederzeit willkommen und auf unprätentiöse Art umsorgt. Hervorragend ist das Frühstück, dessen Qualität und erlesener Auswahl noch aus Kempinski-Zeiten zu stammen scheint.
Das aus Kempinski-Zeiten bekannte und beliebte Sterne-Restaurant ‚Le Trianon’ gibt es leider nicht mehr. Gleichwohl ist auch das Restaurant ‚Le Patio’ (14 Gault Millau-Punkte) mit seiner wunderbaren Terrasse einen Besuch wert. Küchenchef Frederic Boucault und sein Team setzen auf einen Mix aus internationaler und mediterraner Küche und verwenden vor allem lokale Bio-Produkte.
Ob das Tatar vom Simmentaler Rind, Tomaten in verschiedenen Texturen, seine Version der Gänseleber oder das in Rosmarin marinierte Lamm-Karree – Maitre Boucault versteht sein Handwerk. Der Franzose bringt mehr als 25 Jahre Erfahrung aus den unterschiedlichsten Küchen rund um die Welt mit und verfeinerte. Zu seinen Stationen zählten nicht zuletzt das italienische Gourmet-Restaurant Zeffirino im Hongkonger Regal Hotel, das ‚Le Paris’ und das Restaurant Joel im Hotel Lutetia. Unter den Desserts stechen das Erdbeer-Carpaccio mit konfiertem Rhabarber und Verbenen-Eis sowie die Lavendel-Crème-brûlée heraus.
Viele der Weine stammen aus der Region. Die von Steinmauern gestützten Terrassen des Lavaux entlang des Genfer Sees, vor rund 900 Jahren von Mönchen angelegt, gehören seit 2007 zum Welterbe der Unesco. Epesses, Saint-Saphorin und Dézaley gehören zu den besten Appellationen des mit Top-Weinen gesegneten Lavaux, dessen Hänge teils so steil sind, dass die Lese bisweilen nur mit der Unterstützung von Hubschraubern möglich ist.