„Ein leerer Magen arbeitet nicht gerne“, sagt der Volksmund. Wohnt und arbeitet man zudem – so wie ich – die meiste Zeit des Jahres im Ausland, lässt sich das savoir vivre einer exotischen Region mit den kulinarischen Geheimnissen eines Landes vereinen. Zum Beispiel in Bangkok, wo es abseits der Touristenströme viel Gaumenfreude zu erfahren gibt. Ein einheimischer Guide hilft beim Eintauchen in die Welt der Garküchen. Ein Selbstversuch.
„Sagt mir, was euch an meiner Stadt interessiert – ich zeige es euch“, fordert Chettha auf. Khun „Chettha“ Khambunditkul ist Chef Concierge und Streetwise-Guru des 5-Sterne-Resorts Anantara Bangkok Riverside Resort & Spa. Als Jugendlicher verließ er seine Heimatprovinz Isaan im Nordosten des Landes und steht seit nunmehr 15 Jahren im Dienste des Hauses. Sein unbekümmertes Lächeln passt zu seiner naturgegebenen Fröhlichkeit und verleiht ihm den Charme eines Zwanzigjährigen.
Von simpler Garküche bis Spitzenrestaurants: Khun Chettha Khambunditkul kennt sie alle – hat man mir zumindest zuvor an der Hotelrezeption versprochen. Mich interessieren aber auch die Märkte der Megalopolis mit ihren engen Gässchen, in denen der pfeffrige Dampf der Garküchen wabert und mit den süßlichen Düften tropischer Früchte, wie jener der Rambutan, eine exotische Geschmacks-Komposition eingeht. In Deutschland ist die Rambutan als Zwillingspflaume bekannt, eine in Südostasien weitverbreitete Kulturpflanze. Neuland für mich.
Bangkok im Wandel
Es ist morgens, zehn vor neun in der Gartenanlage des Anantara Riverside Resort & Spa Hotels, direkt am Chao-Phraya-Fluß gelegen. Es ist Mitte Oktober und das Thermometer zeigt 27 Grad. Kurz nach neun Uhr erscheint Chettha am Pier. Er ist für die kommenden fünf Stunden mein Führer. Von ihm will ich mich ent- und verführen lassen in die (kulinarischen) Geheimnisse der Zwölfmillionenmetropole Bangkok.
Chetthas Lächeln hat etwas Spitzbubenhaftes – „Ich will nicht nur euer Guide sein, sondern auch euer Freund…“, begrüßt er mich – und punktet damit! Besser könnte meine Kulinariker-Tour nicht beginnen. Zwischenzeitlich hat sich auch mein Bootsführer eingefunden und mit einem Langboot stechen wir in den träge vor sich hin fließenden Chao Praya, der sich schlangenförmig durch Bangkoks Häusermeer windet.
Zehn Minuten später legen wir am östlichen Ufer, am Tha-Sathon-Pier, an. Hier startet unsere Tour mit einem Besuch des buddhistischen Tempels Wat Yannawa. Zuvor aber heißt es: Fische füttern! Chettha kauft ein Eimerchen voll mit Fischnahrung, die ich, im Gleichklang mit Chettha, mit einer kleinen Schaufel in den Fluss werfen. „Das bringt Glück“, verspricht mein Stadt-Dschungel-Lotse auf dem Weg durch den Yannawa-Tempel, Jahrgang 1835. Europäer gibt es hier nicht. „Yannawa liegt abseits der touristischen Wege“, flüstert mir Chettha in fast perfektem Englisch zu. Im Tempel zünde ich ein Räucherstäbchen an, spende einen Geldschein und lasse mich segnen – mein Vorhaben steht unter einem guten Stern.
Wo Sterneköche einkaufen
So laufen wir der Thanon Charoen Krung entlang gen Norden, unterqueren die sechsspurige Taksin-Brücke und gelangen unweit der legendären 5-Sterneherberge The Oriental auf den Bang-Rak-Markt. Der State Tower mit seinen 247 Metern ist in Sichtweite und trohnt über dem Geschäftsviertel. Chetthas Insider-Tipp: Im 63. Stock, im Freien, wartet abends die Sirocco Bar mit einer breiten Auswahl an Cocktails auf; atemberaubende Fernsicht über die Skyline inklusive.
Auf dem Bang-Rak-Markt decken sich ambulante Händler und Sterneköche mit frischen Kräutern und Gewürzen, Obst und Gemüse ein, die morgens mit LKWs und Langbooten angekarrt werden. Uns Feinschmeckern offenbart sich eine anspruchsvolle kulinarische Vielfalt, die uns ohne Ortskenntnisse vorenthalten bliebe. Der Small Talk auf Englisch bei einem Glas Granatapfel-Saft bricht das Eis mit dem verschmitzt lächelnden Gemüsehändler – Chettha kennt sie alle.
Gesundes Fast Food an jeder Ecke
Ich tanken mich durch die buntschillernde Palette tropischer Früchte und Säfte und lasse mich fachmännisch aufklären über die Zubereitung landestypischer Speisen wie Steamed Buns, Tom Yum Gai oder Som Tum Lao, die ich gleich an Ort und Stelle goutieren darf. „Come, come!“, drängt Chettha zwischen Fisch und Feisch – wir haben einiges vor uns und der Tag ist noch so jungfräulich wie die Rambutan-Früchte an den Verkaufsständen. Unser nächstes Ziel: Chinatown!
Der Street-Guru hat ein Tuk Tuk organisiert und mit dem Fahrer einen Preis ausgehandelt, der meilenweit unter dem liegt, was ich als „Farang“ – als ein Ausländer – bezahlen müsste. Entlang der quirligen Thanon Charoen Krung gebe ich mich unfreiwillig zehn Minuten lang einem der vielen Staus in Bangkok hin und biegen irgendwann links ab in einen Weg, so schmal wie zwei Tuk Tuks, mit Straßenschilder und Werbeplakate, die wir nicht lesen können – willkommen in Klein-China. Chinatown ist berühmt für seine kulinarische Vielfalt und sein asiatisches Alltagsleben. Garküchen reihen sich aneinander; Seafood-Restaurants gesellen sich neben Teeländen und konkurrieren mit kleinen Speiserestaurants.
Orchideen im 50er-Pack
Gemeinsam mit Chettha streife ich durch die Gässchen, gemeinsam kämpfen wir uns durch das Gewühl aus Hausfrauen, Gemüsehändlern, rollenden Garküchen, Autos- und Fahrradfahrern. Die schwüle Hitze sammelt sich über dem Asphalt. Ein fliegender Händler preist lautstark seine Köstlichkeiten an: Breiapfel, Durian, Java-Apfel, Kapstachelbeere, Longanfrucht, Granatäpfel, Mangostern.
Mir bis dahin völlig unbekannte Gerüche und Geschmäcker vermischen sich zu einer olfaktorischen Kakophonie. Wenige Schritte weiter lockt der Blumenmarkt Pak Khlong Talat. Rund um die Uhr gibt es hier schnittfrische Rosen und bunt schillernde Orchideen unweit der Memorial Bridge. Rund um die Uhr gibt es hier schnittfrische Rosen, bunt schillernde Orchideen, Lilien, oftmals abgepackt in 50er- oder gar 100er-Einheiten – ein Augenschmaus. Chetthas Insider-Tipp für Frühaufsteher: Zwischen drei und vier Uhr morgens kommt frische Ware an mit Langbooten und LKWs aus den Provinzen.
Am Chao Praya setzen wir mit einer Passagierfähre auf die Westseite über – „Tierra Incognita“ für das Gros der Touristen, und ein kulinarischer Genuss für Chettha, denn hier finden sich Straßenrestaurants mit Hausmannskost aus seiner Heimatprovinz Isaan. Auf den Tisch kommt, was die thailändischen Äcker hergeben: Som Tam (Papaya-Salat); Gai Yang (gegrilltes Huhn); Larb (Fleischsalat). Und was ist jetzt die beste Küche Thailands? Chettha lächelt, wie schon die ganze Zeit, und genießt schweigend sein Gai Yang – nach Issan-Art. Nicht jede Frage bedarf einer Antwort.
Sellawie-Tipps:
Anreise
Bangkok gibt es in der Eco-Klasse ab Frankfurt/Main bereits ab 600 Euro (Etihad, Thai). Lufthansa verlangt ab 830 Euro im Oktober. Tipp: Nicht viel teurer, aber aus unserer Sicht besser: Swiss.
Unterkunft
Das Anantara Riverside Resort & Spa liegt außerhalb des hektischen Stadtzentrums in einer tropischen Gartenlandschaft am Fluss. Ein kostenloses Pendelboot verkehrt zwischen Hotel und Innenstadt. Eine Übernachtung gibt es – im Oktober – ab 90 Euro/DZ inklusive gigantischem Frühstücks-Buffet. “Special Offers” zwischen September und Oktober.
Weitere Infomationen finden Sie unter www.anantara.com und www.thailandtourismus.de