Es gibt einen nicht unwesentlichen Grund, der dazu führt, dass uns oft Geld fehlt und wir knapp bei Kasse sind. Und Mangelbewusstsein bringt bekanntlich finanzielle Ängste und Panik.

Dieser Grund heißt schlicht und einfach: unsere Wahrnehmung großer Zahlen, das intuitive Verständnis riesiger Summen, vor allem aber das von hohen Geldbeträgen. Leider ist unser Zahlenverständnis sehr begrenzt. So kann das menschliche Durchschnittsgehirn große Mengen, in Zahlen ausgedrückt, gar nicht registrieren. Dazu wurde es ursprünglich nicht erschaffen und war demnach auch nicht für höhere Mathematik bestimmt. Beim Einkauf mit der Kreditkarte beispielsweise kann das Gehirn den Abzug großer Geldbeträge gar nicht so schnell erfassen wie abgebucht wird. Daher ist die Überraschung beim Kontoauszug meist groß. Des einen Freud, des anderen Leid.

In Urzeiten jedoch waren große Zahlen noch kein Thema: der Jäger konnte seine Beute mühelos sehen und rasch erkennen, der Hirte seine Schafherde, meistens bis zwölf an der Zahl, intuitiv erfassen.

Aber eigentlich ist unser Wahrnehmung von Zahlen noch viel kleiner. Dies wird sehr eindrücklich durch das berühmte Bohnenexperiment des britischen Ökonomen William Stanley Jevons schon im Jahre 1871 gezeigt. Er ließ seine Probanden ganz kurz in eine Schachtel blicken und bat sie daraufhin, die genaue Zahl der darin liegenden Bohnen zu nennen. Bis zu vier Stück war das überhaupt kein Problem, aber ab fünf wurde es schon schwierig.

Das intuitive Erfassen von Mengen, ohne die einzelnen Mengen abzuzählen gelingt uns Menschen wohl nur bis zur Zahl Vier. Ein Phänomen, das Forscher auch bei vielen Tierarten beobachten konnten. Fünf ist demnach schon eine kritische Menge.

Das wussten allerdings schon die Maya in Mittelamerika und erfanden extra ein neues Zeichen für die sperrige fünf. Sie setzten einen Strich unter die jeweiligen Punkte:

1     2   3     4     5     6   7       (Zahlen der Maya)

.       ..          ….   __      ._   ..

Auch die Römer haben einen Weg gefunden, diese Schwäche beim Abzählen von Mengen ab fünf zu kompensieren. Dementsprechend wurde für fünf ein neues Symbol, die V gesetzt, um nach dem gleichen Prinzip weiter zu zählen.

Wie aber erfassen wir größere Mengen? Kinder sagen: eins, zwei, drei und viele. Und Erwachsene? Nur sehr wenigen ist es vorbehalten, sich riesige Summen zahlenmäßig zu merken. Dies sind meistens Savants, Menschen mit der sogenannten Inselbegabung. Sehr eindrücklich wurde dies in der Szene im Film Rain Man dargestellt, in der Dustin Hoffman Karten und Streichhölzer auf dem Teppich in rasender Geschwindigkeit zählt.

Die Finanzwelt von heute jongliert mit unermesslichen Mengen Geld, Hunderttausend, Millionen, Milliarden und noch viel mehr.

Lasst uns an einer interessanten Frage zeigen, wie gut es mit dem eigenen Zahlenverständnis bestellt ist.

Wie viel Zeit braucht es, um von 1 bis zu einer Milliarde zählen, im Rhythmus von einer Sekunde pro Zahl. Also eins, zwei, drei (sind drei Sekunden) und so weiter bis zu einer Milliarde zu zählen? Drei Stunden, drei Tage, drei Monate? Noch mehr? Wie lautet also das Ergebnis?

Die Antwort ist wirklich überraschend und lautet: 32 Jahre, ganze 32 Jahre! Ja, richtig gelesen. Was war vor 32 Jahren? 1983. Nicht alle Leser waren damals schon auf der Welt. In dem Jahr war Ronald Reagan amerikanischer Präsident, Helmut Kohl Bundeskanzler. Microsoft brachte die allererste Word-Version auf den Markt, die Uhrenmarke Swatch wurde erfunden.

So sollten wir demütig zugeben, dass auch wir selbst den Wert eines einzelnen Euro oder Dollars in einer Menge einfach nicht kennen und vor allem nicht wirklich zu schätzen wissen. Sie gehen unregistriert und unkontrolliert in einem schwarzen Loch unter oder werden uns schlicht entrissen, ohne dass wir es je merken…

Vielleicht ist unser eigenes Erspartes oder das, was uns täglich an Geld zur Verfügung steht, gar nicht so wenig wie wir immer zu denken glauben. Es bedarf etwas mentaler Übung, Bewusstsein und ein wenig Basiswissen, um sich darüber klar zu werden.

Weitere Inspirationen und Tipps zu diesem nicht ganz einfachen Thema bietet die Lektüre des Buches:

Irina Reylander : Geld, Geist, Glück: jeder ist seines Reichtums Schmied

www.irina-reylander.com