Bis heute ist es in Heidelberg das erste Haus am Platz und das einzige Fünf-Sterne-Hotel in der gesamten Rhein-Neckar-Region. Zur illustren Gästeschar im Europäischen Hof gehören neben Otto von Bismarck, Richard Strauss, Winston Churchill auch Carlos Santana, Romy Schneider und Mondfahrer Neil Armstrong. Gern buchen auch gut betuchte arabische Herrschaftsfamilien, die nach Heidelberg kommen, um sich dort medizinisch behandeln zu lassen.

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1865 als ‚Hôtel l’Europe’ eröffnet, ist das Hotel längst Sinnbild für gelebte Geschichte. 1906 erwarb es Fritz Gabler und machte es trotz aller Kriegswirren und der unruhigen zwanziger und dreißiger Jahre zum ersten Haus am Platz. Zwischen 1945 und 1955 beschlagnahmten es die Amerikaner und nutzten es als Hauptquartier der US-Army Europe. Auch der Geheimdienst logierte in den feudalen Gemächern – angeblich zumindest. Einer alten Ausgabe der ‚Stars and Stripes’ vom März 1948 zufolge, die im Heidelberger Stadtarchiv verwahrt wird, war das Hotel damals nämlich nur eine Snack Bar für Offiziere.

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1965 übernahm Gabler-Enkel Ernst-Friedrich von Kretschmann mit Gattin Sylvia den Europäischen Hof mit seinen heute 100 Einzel- und Doppelzimmern, 14 Juniorsuiten, drei Serviced Appartements, sowie der 200 Quadratmeter große Penthouse-Suite. Die Verantwortung für das gesamte Interieur trägt die Patronin höchstselbst – seit einem halben Jahrhundert. Allmorgendlich zwischen 5.30 und sechs Uhr arrangiert sie die Blumen, bespricht sich mit dem Frühstücksservice und überprüft die Zimmereinteilung der Anreisen. Bei Bedarf beauftragt sie die hoteleigene Polsterei für die Auffrischung der edlen Fauteuils.

„Unsere Mitarbeiter sind die Seele des Hauses und unser ganzer Stolz. Sie machen für den Gast den Unterschied“, sagt Sylvia von Kretschmann. Ihr Credo: Glücklich sein sollen nicht nur die Gäste, sondern alle Menschen im Hotel, somit auch die 110 festangestellten Mitarbeiter und 40 Auszubildenden.

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Genauso hält es auch ihre Tochter Caroline, die den Europäischen Hof heute gemeinsam mit ihren Eltern in vierter Generation führt. Anfangs zögerte die promovierte Betriebswirtin, die zwischen ihrer Geburtsstadt und ihrer neuen Heimatstadt Berlin pendelt, ob sie in die Hotellerie gehen würde. Sie ergänzte ihr Studium mit einer Bankkauflehre und arbeitete danach in einer Unternehmensberatung. Als die Frage der Nachfolge anstand, lehnte sie zunächst ab – um schließlich doch ‚Ja’ zu sagen. Seit Januar 2013 stellt sie ihre umfangreiche Expertise in der Unternehmens- und Strategieentwicklung sowie ihre Passion für Führung dem elterlichen Betrieb zur Verfügung.

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So verwundert es kaum, dass sie schon vor zwei Jahren ihre durchaus ambitionierte ‚Vision 2025’ und ihre Strategie für die kommenden zehn Jahre entworfen hat. Danach soll der Europäische Hof bis 2025 das ‘herzlichste Luxushotel’ und das ‘persönlichste 5-Sterne-Stadthotel Deutschlands’ sein. Schon jetzt ist das ein kostspieliges Vorhaben. „Jedes Jahr renovieren wir etwa zehn Zimmer“, sagt Caroline von Kretschmann, „und wenn wir mit allem durch sind, fangen wir wieder von vorne an.“ Jahr für Jahr fließen 800.000 Euro in die Modernisierung des Hauses. Reichtümer lassen sich so kaum anhäufen. „Wir schreiben eine schwarze Null“, verrät Caroline von Kretschmann. Es sei eine Herausforderung: „ Jahr für Jahr haben wir die Möglichkeit zu scheitern.“

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Führungs-Trio: Sylvia, Ernst-Friedrich und Caroline von Kretschmann

„Wir lieben, was wir tun“, lautet der wichtigste Leitspruch der Eigentümerfamilie, den Caroline von Kretschmann von ihren Eltern übernommen und verinnerlicht hat. Das spiegelt sich nicht nur im tadellosen Service und der ungekünstelten Freundlichkeit der Mitarbeiter wider, die sie liebevoll „Frau Doktor“ nennen. Im Spa ist gleichsam körperlich zu spüren, dass diese Losung keine leere Worthülse ist. Natascha Hüttner ist die Hohepriesterin der Wellness-Behandlungen. Ihre ‚St. Barth Harmony Body Massage’ beginnt mit einer Duftreise, bei der die Öle und ihre Wirkung vorgestellt werden. Dann folgt die Massage mit dem vom Gast gewählten, warmen Öl. Kokosöl etwa ist vitaminreich und steht für intensive Pflege. Zum Ende hin wird der Körper sanft mit einer feuchtigkeitsspendenden Vanille-Bodylotion umsorgt. Auf diese Weise wunderbar tiefenentspannt würde man am liebsten liegen bleiben, um sich gleich nochmals in die sanften Hände von Natascha Hüttner zu begeben.

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Nachwuchs hinter den Herden: Julien Schon und Julian Becker

Die Kulinarik im Europäischen Hof liegt in der Hand zweier junger Köche. Während Julian Becker im Mittagsrestaurant ‚Fritz’ und im Sommerrestaurant neben Klassikern wie “Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Gurkensalat und Preiselbeeren” oder dem “Europ-Burger“ auch klassisch-mediterrane Küche in den Fokus rückt, ist Julien Schon seit Mai für die gehobene Küche der Kurfürstenstube verantwortlich, die in diesem Jahr 150 Jahre alt wurde. Mit ihrer Originalholztäfelung aus dem Jahr 1866, den Intarsien-Arbeiten an den Wänden und schweren Messingkronleuchtern versprüht sie den Charme längst vergangener Epochen.

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Gefragt nach seinen Vorbildern, zieht Julien Schon den imaginären Hut vor seinem Vater. Gern wartet der sehr selbstsicher wirkende Jungkoch mit originellen Geschmackskombinationen auf. So kombiniert er etwa das geräucherte Kalbsbries mit Meerrettich-Velouté, Grünkohl und Preiselbeeren oder ein rosa gebratenes Rinderfilet mit Steinpilzrahm, Kürbis-Saltimbocca und Pinienkernkrapfen. Klein und fein ist sein Birnensorbet mit Basilikum. Die Weinkarte mit dem Schwerpunkt auf badische Winzer umfasst mehr als internationale 600 Weine. Stilvoll ausklingen lässt man den Tag vorzugsweise in der Europa-Bar, etwa bei einem Martini-Cocktail mit Tanquerai-Gin.

Fotos: Europäischer Hof Heidelberg