Ein Besuch in der Destillerie des einzigen London Dry Gin, der seit 1860 in der britischen Hauptstadt gebrannt wird.
London, im Jahr 1820. Während sich der Adel verschwenderisch der Völlerei hingibt, lebt die Mehrheit der Bevölkerung in Armut. Zu den wenigen nicht-aristokratischen Bürgern, die sich Fleisch leisten können, gehören die Wächter des London Tower. Voller Neid werden sie von ihren Mitbürger “Beefeater” (dt. Fleischesser) genannt. Die 1860 gegründete Gin-Manufaktur Beefeater fand genau darin die Inspiration zur Namensgebung und versah ihr Etikett mit einem Vertreter der Garde.
Heute zählt Beefeater Dry Gin zu den Top-5 der weltweit beliebtesten Sorten des Wacholderbrands und wird – zusammen mit dem limitierten Burrough’s Reserve – im Londoner Stadtteil Kensington hergestellt. Damit ist er der einzige London Dry Gin, der noch im Herzen der britischen Metropole produziert wird. Jahr für Jahr werden dort 21,5 Millionen Liter jenes Elixiers gebrannt, das in der jüngsten Vergangenheit öfter als alle anderen Marken zum besten Gin weltweit gekürt wurde.
Zu den Verkaufsschlagern zählt vor allem Beefeater 24, dessen Bezeichnung auf den 24-stündigen Mazerationsprozess der pflanzlichen Zutaten hindeutet, die das individuelle Aromenspiel unmittelbar und unverfälscht erzeugen. Allein 50 Tonnen Wacholder benötigt die Londoner Traditionsmarke pro Jahr. Unter den weiteren so genannten Botanicals finden sich japanischer und grüner chinesischer Tee, getrocknete Orangen- und Grapefruitschalen, Mandeln, Koriandersamen, Lakritze (Süßholzwurzel), Angelika- sowie Engelswurzel sowie schließlich Iriswurzel, das die unterschiedlichen Aromen bindet und – ganz nebenbei – auch Parfums wie Chanel No. 5 als Basisnote dient.
Eine der besonderen Herausforderungen bei der Produktion von Beefeater 24 liegt im Einsatz der beiden verwendeten Tees. Fehlt dem Brennmeister hier die Erfahrung, übertragen sich die Bitterstoffe des Aufgussgetränks in das Wacholder-Elixier. Gin-Mastermind Desmond Payne passiert das nicht, denn der beherrscht sein Handwerk wie kaum ein anderer: Mit seinen 58 Jahren Erfahrung zählt er zu den führenden Gin-Brennern der Welt. Vergangenen Oktober wurde er bei der jährlichen Gin Guild’s Autumn Installation mit dem Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Beim Verkosten des Beefeater 24 fallen neben seiner dezenten Süße die zarten Wacholderaromen auf. Sanft fruchtig präsentieren sich die Zitrusfrüchte und feinen Tee-Aromen auf der Zunge, der Abgang ist geschmeidig. „Beefeater 24 ist hinsichtlich seiner botanischen Zusammenstellung und seiner Charakteristik eher ein filigraner, eleganter und zitruslastiger Gin“, bringt es Andreas Till auf den Punkt.
Der 43-Jährige ist eine feste Größe in der Barszene: 2014 kürte das Barkultur-Magazin ’Mixology’ den Mitinhaber und Barchef der Münchner ‚Pacific Times’, ‚Barista’ und ‚Baricentro’ zum Gastgeber des Jahres. „Basilikum in einem Gin Basil Smash ist die perfekte Verbindung zu B 24, um einen frischen und eleganten Gin Basil Smash zu zaubern“, schwärmt der Profi, „auch in einer Variante des Martini Cocktails mit Grapefruit Bitters und/oder Grapefruit-Zeste bietet sich der B 24 wunderbar an.“ Als Tonic zu B24 empfiehlt er Fentiman’s Tonic Water, zum Beefeater London Dry Gin Fever Tree oder auch das neue Schweppes Dry.
Eine Versuchung, der man gleichsam direkt an der Quelle erliegt: In der Bar der Beefeater Destillerie mixt Brand-Ambassador Sebastian Hamilton-Mudge den tiefgekühlten B24 wahlweise mit Sencha- und Olong-Tee und gibt Orangenzeste dazu.
Zu den Top-Produkten des Pernod Ricard Prestige-Portfolios zählt der Burrough’s Reserve, den Brennmeister Desmond Payne 2013 aus der Taufe hob. Benannt wurde die feine Kreszenz nach Beefeater-Gründer James Burrough’s. Es sind die “Still Number 12” genannten originalen Kupferbrennblasen aus den 1860er Jahren mit einem Volumen von 268 Litern, in denen dieser Gin entsteht. Danach ruht er für wenige Wochen in Jean de Lillet-Eichenfässern, die zweimal gefüllt werden. Schließlich kombiniert Payne in mühevoller Handarbeit den Inhalt von drei verschiedenen Fässern mit einem Mix aus der ersten und zweiten Füllung.
Am Ende bleiben rund 1800 Flaschen, jede mit eigener Flaschen- und Chargennummer. Seinen besonderen Reiz verleiht dem Burrough’s Reserve die Fasslagerung, die ihn im Glas leicht golden schimmern lässt. Auch die Sensorik überzeugt: Am Gaumen zeigt er sich mit feinen blumigen Akzenten, würzig, mit einem Hauch Vanille und zarter Zitrusnote. Im Abgang wirkt er lange nach. Für Beefeater untypisch: Die Wacholdernoten sind nur schwach wahrnehmbar.
Gin-Aficionado Andreas Till trinkt den edlen Burrough’s Reserve gerne pur – am besten auf Eis, gekühlt, oder gefrostet. Seine fruchtige, körperreiche Dominanz setzt er aber auch in Cocktails ein – etwa in einem Reverse Vesper Martini, der die Verhältnisse von Gin und Wodka vertauscht. „Wie die Verkostung mit Käse zeigt, eignet sich der Burrough’s Reserve auch in Kombination mit sehr aromatischen Zutaten wie Vermouth, Sherry & Co“, ergänzt der passionierte Bartender, der den Wacholder-Drink in vielen Spielarten liebt. Sein Credo:
„Gin lässt sich in unzähligen Varianten komponieren, beinahe wie Parfüm.“
Fotos: Christian Euler
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