Sternekoch Denis Feix komponiert in der „Zirbelstube“ ebenso inspirierende wie ausgefeilte Kompositionen im Herzen der Schwabenmetropole. Ein Ortsbesuch.
Seit mehr als zwanzig Jahren ist die Zirbelstube eine der ersten Gourmet-Adressen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Mit hellem Zirbenholz vertäfelt und moderner Malerei dekoriert verströmt das nach dem wohlriechenden Kieferngewächs benannte Gourmetrestaurant im Althoff Hotel am Schlossgarten warme Gemütlichkeit. Denis Feix ist hier seit Januar 2017 der Herr der Herde. Der gebürtige Sauerländer hat sein Handwerk gleich in vier mit der Höchstnote von drei Michelin-Sternen gekrönten Restaurants der Republik verfeinert: als Entremetier bei Dieter Müller, Poissonnier bei Joachim Wissler, Pâtissier bei Thomas Bühner drei Sterne und als Souschef bei Christian Bau, bevor er selbst in Bad Griesbach in Niederbayern mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde. In Stuttgart würdigt der Guide Michelin sein Schaffen mit einem Stern, der GaultMillau vergibt in seiner aktuellen Ausgabe 17 Punkte.
Im Restaurant stehen Feix seine charmante Gattin Kathrin als Serviceleiterin und Sommelière sowie Maître Pascal Foechterlé ein bestens eingespieltes Team zur Seite. Mit gutem Grund wurde Kathrin Feix vom Gault Millau 2016 als ‚Gastgeberin des Jahres‘ ausgezeichnet. Die sehr gut sortierte Weinkarte bietet eine große Auswahl an Rieslingen und Burgundern, Wein-Aficonados dürfen sich in puncto Weinbegleitung guten Gewissens auf ihr Gespür verlassen. Im Sommer wurde die Weinkarte der Zirbelstube beim German Wine List Award 2019 des Fachmagazins „Vinum“ mit der Höchstwertung „Ausgezeichnet“ in der Kategorie Gourmet & Sterne gewürdigt.
Meisterliche Inszenierung
Pascal Foechterlé wiederum ist in der Stuttgarter Gourmet-Szene längst eine Institution. Der stets gut gelaunte, authentisch-herzliche Elsässer arbeitete schon von 2009 bis 2011 in der Zirbelstube und kehrte nach einem vierjährigen Intermezzo im nah gelegenen Steigenberger Hotel im Spätherbst 2015 wieder an seine alte Wirkungsstätte zurück.
Küchenchef Feix definiert seine Gerichte durch drei Hauptkomponenten: das Hauptprodukt, ein Bindeglied sowie eine Ergänzung, die dem Gang seinen Feinschliff verleiht und die Geschmäcker inspiriert. Purer Lokalpatriotismus ist seine Sache nicht. Lieber hält er rund um den Globus nach den besten Produkten Ausschau. Beim Onglet etwa setzt er auf erstklassiges US-Beef aus Nebraska. Dezent Sous-vide gegart und danach gegrillt ist es ein meisterlich inszenierter Hochgenuss zartester Textur.
Zwei unterschiedliche und eigenständige Menüs stehen zur Auswahl: Die “Kleine Reise” mit drei Menüstationen und das “Menü Feix“ in fünf oder sieben Gängen. Auch wenn schwäbische Spätzle nicht auf der Speisekarte stehen, beim „Vesper“ zur Einstimmung gemahnt zumindest der kulinarische Terminus an den Ort des Geschehens. Denn mit der kalten Zwischenmahlzeit, ohne die ein waschechter Schwabe kaum existieren kann, hat es allenfalls die (Miniatur)optik und die Butterbrot-Tüte zum Aufreißen gemeinsam. Auf dem Holzbrett serviert wird eine hauchdünne, kross gebackene Scheibe Sauerteigbrot, die durch Sauerteigeis, eingelegtem Gemüse und luftgetrockneten Norderney-Schinken zum Pausenbrot de luxe nobilitiert wird.
Individuell und von großem Raffinement ist auch die „Milch-Schnitte“: eine Gänselebermousse und –terrine mit weißen Schokoladenstücken und Kirschcreme, eingebettet in Algen-Biskuit. Was aussieht, wie das Original von Ferrero, entpuppt sich – nicht zuletzt dank der Beigabe von eingelegtem Pfeffer – als virtuos ausbalanciertes Naschwerk. Fast eine Spur zu jodig gerät die Kombination aus rohen und leichtgerösteten Garnelen mit Meeresfrüchten, Passepierre-Algen und Erbsen. Zur Hochform läuft Feix hingegen beim kanadischen Sockeye-Wildlachs auf. Der nur wenige Wochen im Jahr verfügbare Fisch besticht nicht nur durch seine intensive Farbe, sondern mindestens ebenso durch seine topfrisch und sanft gegart auf den Punkt gebrachte Leichtigkeit. Die Kokos-Ingwer-Sauce und die angeschwenkten Kräuterseitlinge (auch als Crème) runden die ausgefeilte Komposition ab. Hier stimmen alle sensorischen Zusammenhänge. Mit dem vielschichtigen, kräftig-fülligen Tokaji Furmint Mandolás vom ungarischen Weingut Tokaj Oremus stellt Sommelière Kathrin Feix ihr feines Gespür für die passende Weinbegleitung unter Beweis.
Gewagtes Dessert
Im Dessert „Schokolade, Macadamia-Nuss und Sauerdornbeeren“ setzt Feix die Milchschnitte programmatisch fort und zeigt, dass er auch das Pâtissier-Handwerk hervorragend beherrscht. Femmes de Virunga-Schokoladeist dieBasis für einen Kinderriegel. Dieser ruht auf dem Rand eines tiefen Tellers, in dem ein mustergültiges Macadamia-Eis auf einem Sorbet aus Berberitze und Schokoladen-Crunch ruht.
Die Kommentierung des zweiten, überaus wagemutigen Desserts „Edelweiß“ überlassen wir dem Meister selbst. „Entenleber im Dessert, warum nicht? In diesem Dessert haben wir die weiße Schokolade mit verschiedenen Algen vereint. Das Geschmackserlebnis ist bestimmt neu!“ So bringt Feix’ in der ihm eigenen Unaufdringlichkeit diese hinreißende Komposition auf den Punkt. Als mit Bedacht ausgesuchte sensorische Erweiterung reicht Gattin Kathrin dazu einen 1998er ‘Rivesaltes Ambré 17 Ans’ aus dem Roussillon. Die zwei Michelin-Sterne aus Bad Griesbach würde Denis Feix auch in Stuttgart gerne halten. Selbst, wenn sich die Inspektoren des bekanntesten und gleichzeitig am meisten gefürchteten Restaurantführers dagegen entscheiden sollten: Mit Denis Feix hat Hotelbetreiber Thomas H. Althoff ein weiteres Ass im Ärmel.
Fotos: Christian Euler, Althoff Hotels