Starkoch Eduard Hitzberger griff anlässlich des Kulinarik & Kunst Festivals in St. Anton noch einmal zum Kochlöffel.
Als „absolut positiv“ bringt Axel Bach die Zwischenbilanz des Kulinarik & Kunst Festivals in St. Anton auf den Punkt. Auf 50 bis 60 Prozent beziffert der Präsident des vierwöchigen Spektakels und Patron des Fünf-Sterne-Superior-Hotels Tannenhof die Steigerung gegenüber dem Vorjahr. 6200 Übernachtungen zählt sein Team schon nach der ersten Halbzeit – so viel wie während des gesamten Festivals 2015.
Einen großen Anteil daran haben die Michelin-besternten Starköche, die sich beim länderübergreifenden Gourmetfestival am Arlberg gleich reihenweise die Klinke in die Hand geben und auf ihre Gage verzichten. Einer von ihnen ist Eduard „Edi“ Hitzberger, der im Hotel Sonnbichl auftischte. Das kleine Erwachsenenhotel mit seinen elf Doppelzimmern und zwei Appartements ist auch jenseits des Festivals für seine gute Küche und seinen zuvorkommenden Service bekannt und gehört zu den Hauptinitiatoren des Festivals.
„Graubündner Küche – bestes aus dem Engadin“ lautete die Marschroute des Abends – gleichsam ein Heimspiel für den gebürtigen Kärntner, der seit Jahrzehnten in seiner Bündner Wahlheimat lebt und heute zu den Pionieren der Edel-Fast-Food-Szene gehört. „Hitzberger – Fastfood natürlich“, heißt seine Company und zeigt mit Sandwiches aus Engadiner Bio-Rind sowie Wraps mit Kichererbsen-Patty und Avocado, dass Schnellgerichte und Gesundheit kein Widerspruch sein müssen.
„Ich hatte 20 Jahre teures Essen für wenig Leute gekocht. Dann drehte ich den Spieß um und machte günstiges, gutes und gesundes Essen für viele Leute“, blickt der vielfach ausgezeichnete Küchenkünstler zurück. Wo möglich, landen regional und in der Schweiz produzierte Lebensmittel unterm Messer, am besten in Bio-Qualität. Becher, Salatschalen, Teller und Besteck, und selbst die Smoothie-Halme sind aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellt und kompostierbar.
Der Erfolg stellte sich schnell ein: Nur ein halbes Jahr nach Eröffnung seines ersten Schnellrestaurants 2009 wurde sein Konzept mit dem ‚Best of Swiss Gastro Award 2010’ zum besten Take Away der Schweiz gekürt. Acht Filialen betreibt der ebenso umtriebige wie unkonventionelle 61-Jährige mittlerweile – und strebt nach mehr. In London, so erzählt er uns, will er nach neuen Inspirationen suchen.
18 Gault & Millau-Punkte sowie zwei Michelin-Sterne zeugen für die Kochkunst des dreimaligen Schweizer Kochs des Jahres. Tatkräftig zur Seite steht ihm der hochbegabte James Baron, den er im Winter an das kleine Luxushotel Tannenhof gelotst hatte und von dem selbst er, so verrät er den Gästen, viel gelernt habe. Es ist eine selten gewordene Regionalküche, die der Mann mit dem Schalk in den Augen dank erstklassiger Produkte und kreativer Kochkunst auf höchste Sphären hebt.
Blutwurst in unterschiedlichen Texturen bestimmt den ersten Gang: traditionell gebraten, als Mousse mit Sauerrahm und als Füllung eines schmalen Sandwiches aus Pofesen, dem Pendant des Armen Ritters. Senf-Eis und eine Senfkörnermayonnaise zähmen die Wucht des Aromas und machen den Klassiker zur harmonisch austarierten Komposition.
Topfrisch auf den Punkt gegart präsentiert sich der lauwarme Saibling, der von Kräutersalat, Rollgerste, winzigen Kalbskopf-Würfeln und Meerrettich-Schaum sekundiert wird. Bemerkenswert: Die ureigene Schärfe des Meerrettichs ist nur in der Nase wahrnehmbar. Auf der Zunge hingegen zeigt er sich schüchtern. Was wie ein ausgeklügelter Kniff von Hitzbergers Gnaden anmutet, ist reiner Zufall – erzählt der Schöpfer dieses Gerichts später an der Bar.
Wie gut Hitzberger sein Handwerk beherrscht, zeigt er an den ausgezeichneten mit wildem Heinrich gefüllten Tortellini mit Flusskrebs und Selleriepüree in Tomatenessenz. Es ist ein virtuoses Spiel mit Geschmacksnuancen.
Das Engadiner Lamm präsentiert sich so zart, dass es sich fast mit der Gabel schneiden lässt. Man schmeckt förmlich, mit welcher Achtung und Hingabe es zubereitet wurde. Ein Fest für die Geschmacksnerven ist auch das kleine Stück des Schäfchens in einem Mangoldblatt auf roter Polenta.
‚Tatsch’, nennt Hitzberger seine spannungsreiche Version des Kaiserschmarrns mit Moosbeeren, Schokolade, dazu Sauerklee und ein mit viel Raffinement kreiertes Eis auf der Basis von Sauerteigbrot.
Gern hätte man ein wenig mehr bekommen von Hitzbergers Abendmahl. Doch selbst der Maestro hat offenbar nur wenig von seinen Kreationen abbekommen. Kurz nach Mitternacht kocht Juniorchefin Barbara Kometer Spiegeleier mit Speck in einer gusseisernen Pfanne, aus der er mit Wonne zugreift.
Später an der Bar lässt der leidenschaftliche Motorradfahrer in kleiner Runde verlauten dass er an diesem Abend zum letzten Mal den Kochlöffel geschwungen habe. Es wäre ein Jammer – doch bleibt zu hoffen, dass Edi es ebenso Ernst meint wie im Vorjahr.
In guter Gesellschaft wäre er allemal. Festival-Chef Axel Bach plant, international bekannte Top-Köche aus Großbritannien, den USA und Japan an den Arlberg zu holen.
Fotos: Arlberg Photography, Christian Euler