Luzern ist nicht groß, aber reich an Kultur, Kunst und Kulinarik. Ein Streifzug durch die 79.000-Einwohner-Stadt am Vierwaldstättersee.
„Als ich in mein Zimmer hinauf kam und das Fenster öffnete, wurde ich von der Schönheit dieses Wassers, dieser Berge und dieses Himmels buchstäblich geblendet und erschüttert.“ Der russische Schriftsteller Leo Tolstoi war um kein Wort verlegen, als er Ende des 19. Jahrhunderts das Fenster seines Hotelzimmers in Luzern öffnete und auf den Vierwaldstätter See blickte.
Bis heute hat die Region nichts von ihrem Reiz verloren. Rund eine Milliarde Schweizer Franken setzt allein Luzern als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum durch den Tourismus um. Hier paaren sich warmherziger Charme und großstädtisches Flair zu einer höchst angenehmen Mischung. Hochkarätige Musik auf Weltklasse-Niveau bietet alljährlich das Lucerne Festival im vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfenen Kultur- und Kongresszentrum Luzern KKL. 1938 von Arturo Toscanini gegründet, verlieh ihm Pult-Ikone Claudio Abbado mit seinem 2003 ins Leben gerufenen Lucerne Festival Orchestra Legendenstatus.
Wenn das Blue Balls Festival genannte populärmusikalische Pendant stattfindet, wird das Ufer des Vierwaldstättersees zu einer einzigen großen Bühne. Gefeiert wird aber auch beim Seenachtsfest, der gerade beginnenden Herbstmesse (“Lozärner Määs”), dem Comicfestival und dem Jodlerfest.
Kulinarisch bietet die Stadt der fünf schönen Brücken, die an Samstagen von rund 110 000 Passanten überquert werden, eine breite Auswahl an Möglichkeiten: von der eidgenössischen Küche bis zu internationalen Gourmetmenüs. Das ‚Bodu’ am Ufer der Reuss etwa hat sich längst als Institution etabliert. Frische und qualitativ hochwertige Produkte prägen die klassische Brasserieküche. Das Serviceteam, allen voran Luca Eichmann, agiert warmherzig, überaus motiviert und aufmerksam.
Hervorragend zum Start ist die Terrine de Maison von Meeresfischen. Wer eine Suppe vorzieht, trifft mit der „Soupe du Pecheur Cap de Marseille“ eine vorzügliche Wahl. Der hoch aromatische Fischsud wird aus ganzen Fischen gekocht, darin Muscheln, Krevetten und Meeresfisch-Filets.
Zum Hauptgang entpuppt sich die handgeangelte Seezunge aus der Bretagne mit von Fleur de Sel berieselten Dampfkartoffeln und frischem Spinat als Gaumenschmeichler. Französisch-fleischig auf ebensolchem Niveau ist die mit Parma-Schinken gefüllte Perlhuhnbrust mit Nastrini-Nudeln. Vegetarier kommen bei den haus- und handgemachten mit Spinat-Ricotta gefüllten Ravioli auf Ihre Kosten, die mit Schwarzwurzeln garniert und auf Tomatencoulis gereicht werden.
Die Weinkarte enthält neben diversen Schweizer Tropfen 60 Bordeaux-Weine zu überaus fairen Preisen. Ein ‚Les Hauts de Smith Haut Lafitte’ etwa schlägt mit 76 Franken zu Buche. Gut angelegt sind auch die 144 Franken für einen Premier Grand Cru Classé aus St. Emilion aus dem Château Monbousquet.
Nur eine Querstrasse vom See und der Promenade entfernt ist das Hotel-Restaurant Rebstock. Geschichte fühlbar machen, lautet dort das Motto: Ab 1443 war der Rebstock das Zunftlokal der Rebleute. Eine wichtige Institution, schließlich zählte der Wein im Mittelalter wie Brot und Fleisch zu den Grundnahrungsmitteln. Als das Gebiet um den Hof der Sitz eines stattlichen Klosters war, befand sich an der Stelle des heutigen Hotels ein kleines Haus, in dem der Rebmann des Klosters wohnte. Heute ist der Rebstock Heimat für Kulturschaffende, darunter Autoren, Schauspieler, Musiker und Maler. Ferdi Sieber ist Inhaber und Gastgeber mit Leib und Seele.
Ein Leckerbissen ist das „Luzerner Weggen“ genannte Brot aus Ruchmehl, das noch einen Teil der äußeren Schalenschichten enthält und Sauerteig aus der nahe gelegenen Bäckerei „Wey Beck“. Herrlich die Vierwaldstättersee-Fischsuppe mit Safran und Gemüse. Mit einem Schuss Pastis verfeinert und ‚Knoblibrot’ wird sie zum lukullischen Hochgenuss. Ebenfalls mit Hochprozentigem verfeinert kommt das Beefsteak Tatar auf den rustikalen Tisch. Hier ist es Cognac, das dem feinen Fleisch filigrane Aromen entlockt.
Zu den Rebstock-Klassikern gehört die über die Region hinaus bekannte Kalbsbratwurst aus der Metzgerei Schmid aus St. Gallen, serviert mit Zwiebelsauce und Butter-Rösti. Eine kulinarische Versuchung ist auch das mit hausgemachter Kräuterbutter überbackene Entrecôte vom Irischen Rind – selbst wenn es nicht aus der Region stammt.
Wenn sich der gerade im Frühherbst häufig so hartnäckig-dichte Nebel nicht verziehen will, nimmt man am besten den Bus nach Kriens und dort die Seilbahn auf den 2132 Meter hohen Hausberg Pilatus. Hier finden Sonnenhungrige ihr strahlendes Refugium – mit eindrucksvollem Rundumblick auf die Berge am Vierwaldstättersee.
Meldet sich der Magen, speist man kurzerhand im Queen Victoria-Restaurant im Pilatus-Kulm-Hotel, wo man sich beispielsweise an einem hausgemachtem Wurstsalat aus Lyoner Wurst oder an einer Spätzlipfanne mit gebratenem Kürbis und Waldpilzen laben kann. Das Schweine-, Kalb-, Rind- und Hühnchenfleisch stammt ausschließlich aus der Schweiz. Eine hausgemachte Schoggimousse rundet das Menü ab.
Zurück nimmt man nicht die Gondel, sondern die Zahnradbahn nach Alpnachstadt, die mit einer Steigung von 48 Prozent als steilste der Welt gilt.
Für die 1889 eröffnete Strecke konstruierte der Ingenieur Eduard Locher ein spezielles System, bei dem die Zahnräder horizontal greifen. Mit dem Schiff geht es dann zurück nach Luzern, der Endstation der „goldene Rundfahrt“ genannten Reise auf den Pilatus und zurück.
Weitere Informationen:
http://www.luzern.com www.brasseriebodu.ch www.rebstock-luzern.ch
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