Es ist ein veritables Kleinod im Herzen der Hauptstadt – und es ist ein Haus mit Geschichte. Ende des neunzehnten Jahrhunderts bezog kein Geringerer als Napoleons Großneffe Prinz Roland Bonaparte sein fürstliches Domizil im ehemaligen Palais am Platz d’Iéna unweit des Eiffelturms. Prunkvoll präsentiert sich das Shangri-La auch heute. Fast die Hälfte aller Zimmer und Suiten haben einen privaten Balkon. Stararchitekt Richard Martinet und der renommierte Innendesigner Pierre-Yves Rochon, der schon das George V in Paris und das Savoy in London prägte, haben den historischen Charme des größtenteils denkmalgeschützten Baus bewahrt.
Das Shangri-La ist zwar das kleinste der Pariser Palasthotels im Fünfsterne-plus-Segment. Mit 47 Quadratmetern schlägt die durchschnittliche Zimmergröße aber die Konkurrenz. Weiße und perlmuttfarbene Töne dominieren. Feine Seidentapeten und stoffverkleidete Wandbehänge versetzen den anspruchsvollen Gast in die Zeit Bonapartes. La Suite Shangri-La im siebten Stock umfasst mit purem Luxus gespickte 220 Quadratmeter Wohnfläche, eine private 100-Quadratmeter-Terrasse mit herrlichem Ausblick auf Paris inklusive. Wer hier nächtigt, muss 20.000 Euro mitbringen – pro Nacht versteht sich.
Im französischen Garten im Innenhof finden sich exotische Bäume wie ein japanischer Ahorn, ein persischer Eisenbaum und Eukalyptus. Magnolien, Jasmin und Rosenbüsche setzen die blühenden Akzente. Hier fühlt man sich weit weg von der Hektik der Millionen-Metropole, die nur wenige Meter entfernt pulsiert.
Die kulinarische Marschroute für die drei Restaurants des Hauses Executive Chef verantwortet seit Beginn des Jahres Christophe Moret. „L’Abeille“ ist ein mit einem Stern versehene französische Gourmetrestaurant, das „Shang-Palace“ – ebenfalls mit einem Michelin-Stern geschmückt – konzentriert sich auf die kantonesisch-inspirierte Küche, während „La Bauhinia“ zeitgenössische südostasiatische Spezialitäten anbietet.
Bevor er im Januar dieses Jahres im Shangri La Paris anheuerte, hatte sich Christophe Moret im Pariser „Lasserre“ zwei Sterne erkocht. 1990 ging ein Traum für ihn in Erfüllung. Er wurde Chef de Partie im Team von Alain Ducasse, der für „Le Louis XV“ in Monaco den dritten Stern holte. Mit Unterbrechungen war er insgesamt 16 Jahre für die Kochlegende tätig.
„Er hat mir eine unersättliche Neugier vermittelt und war mein wichtigster Lehrer“, sagt Christophe Moret im Gespräch mit dem World’s Luxury Guide. Nach Paris kehrte Moret 1994 zurück, um Sous-Chef im Royal Monceau zu werden. Nach Stationen im 59 Poincare und im Spoon Food & Wine wurde er 2003 Küchenchef im Restaurant Alain Ducasse im Hotel Plaza Athénée, wo er sieben Jahre lang blieb.
Seit Anfang Juli rückt er beim Green Dinner an jedem ersten Donnerstag im Monat das Gemüse in den Mittelpunkt. Als Sohn eines Gemüsebauern ist es für den Ducasse-Schüler selbstverständlich, seine anspruchsvollen Gäste nach seinem Motto „frisch, lokal, transparent und ethisch vertretbar“ im Rahmen eines stetig wechselnden Fünf-Gänge-Menü zu bekochen. Frühlingsrollen aus Wassermelonen mit Kräuter-Füllung oder Tofu-Ravioli mit Rote Beete-Vinaigrette zählen zu den Kompositionen des Meisters. Bei jedem „Green Dinner“ ist ein Winzer oder Landwirt aus der Umgebung dabei, um über seine Arbeit zu berichten.
40 Bauern beliefern seine Restaurants, fast alle kommen aus Frankreich, mit vielen arbeitet Moret seit rund 20 Jahren zusammen. Doch die Langusten bezieht er lieber aus Schottland. Der Grund: In Frankreich werden sie beim Fangen getötet, aus Schottland kommen sie quicklebendig.
„Die Qualität der Haute-Cuisine in Paris ist heute so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr“, betont Moret, „die Chefs legen heute viel mehr Wert auf die Herkunft und Güte der Produkte.“ Der Executive Chef des Shangri-La steht dem in Nichts nach. Darum überrascht es auch kaum, dass er den zweiten Stern für das Abeille zurückholen will. „Möglicherweise hat Michelin einen Stern weggenommen, weil der Chef im letzten Herbst das Restaurant verlassen hat“, mutmaßt Moret. Zu seinen größten Herausforderungen zählt er, seine Gourmettempel bekannter zu machen. „Wir werden das schaffen“, schmunzelt er. 80 Mitarbeiter in der Küche und 100 Kellner helfen ihm dabei.
Das „Shang Palace“ ist das einzige mit einem Michelin-Stern gekürte kantonesische Restaurant in Frankreich. Sechs Geschmacksrichtungen sind es, die für Chefkoch Samuel Lee diese Küche ausmache: sauer, süß, bitter, scharf, salzig und umami. Die Liebe zum Kochen entdeckte Samuel Lee durch seine Mutter, die ihm die Raffinesse der traditionellen chinesischen Küche schon in frühen Jahren schmackhaft machte. Als einen Mentor bezeichnet er indes Bobby Lo, den Executive Chef des Hong Kong Jockey Club in Peking. Von ihm lernte er die Kunst des Kochens. Den Michelin-Stern trägt Lee mit gutem Grund: Seine Gerichte sind nicht nur klug durchdacht und zeugen von großer Kreativität. Auch die tadellose handwerkliche Umsetzung besticht. Es ist ein wahres Kaleidoskop der Texturen und Aromen, die der leidenschaftliche Koch auf die Teller zaubert.
Manche seiner Gerichte sind eine Liaison zwischen Europa und Asien. So ist der Lobster mit Szechuan Pfeffer gewürzt, während der Ibérico Pluma mit schwarzen Pilzen , Garnelen und Wasserkastanien aufs edle Porzellan kommt. Auberginen sind lackiert – und das Seeteufel-Filet wird im Wok zubereitet. Puristen bekommen auch traditionelle Versionen. So gibt es die Peking-Ente in zwei Versionen: klassisch-knusprig oder sautiert im Wok.
International wird es beim in Lotusblättern gekochten kantonesischen Reis mit Shrimps aus Madagaskar, Bambussprossen, Jinhua-Schinken, Eiern und Reisstrohpilzen. Exquisit auch die Bouillon mit Geflügel, Schwein, Meeresfrüchten, chinesischen Kräutern und Hua Dao-Reis. Der geschmorte Kabeljau auf einem Bett von Ingwer und Knoblauch ist optisch und sensorisch eine Augenweide.
Eine kulinarische Blütenlese der kantonesischen Küche ist das mittägliche „Menu Dim Sum.“ Es umfasst acht Gänge – von Crevetten-Ravioli über Shrimp- und Schweine-Dumplings bis zu gegrillten und lackierten „Pork Buns“. Restaurant-Direktor William Lusteau hat die Lage im “Shang Palace” stets im Griff – unprätentiös und mit großer Hingabe. Die ausgesuchte Höflichkeit und Hilfsbereitschaft seiner Mitarbeiter machen jeden Aufenthalt im “Shang Palace” zu kurz. Goethe würde wohl auch hier seinen Faust frohlocken lassen: „Oh Augenblick, verweile doch, Du bist so schön.“
Fazit: Das Shangri-La Paris zählt zweifellos zu den besten Luxushotels in der Stadt der Liebe. Bonaparte-Großneffe Roland würde es sicherlich auch heute zu seiner Privatresidenz machen.
Fotos: Shangri-La Paris
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