Smartwatches hauchen der schwächelnden Uhrenindustrie derzeit mächtig Leben ein. Nach einem holprigen Start legen die Verkaufszahlen kräftig zu. Neues Design, besondere Ausstattung und immer mehr Funktionen lassen die Smartwatch zum Lifestyle-Objekt werden – und zum Personal Fitness-Coach.

Gemessen an der gesamten Uhrenindustrie machen Smartwatches noch einen extrem kleinen Anteil aus. Gerade einmal 6,8 Millionen Exemplare wurden im zurückliegenden Jahr verkauft – fast nichts im Vergleich zum gesamten Uhrenmarkt, wo allein China 2014 sage und schreibe 640 Millionen Zeitmesser exportierte und 28 Millionen Uhren in der Schweiz hergestellt wurden. Spätestens seit der aufsehenerregenden Markteinführung der Apple Watch in den vergangenen Monaten sind sogenannte Smartwatches jedoch auf der Überholspur, nachdem in den zurückliegenden Jahren die Kinderkrankheiten der ersten Modelle überarbeitet wurden.

Ein schwaches Design und sehr überschaubare Batterielaufleistungen hatten zunächst für Zurückhaltung bei den Kunden gesorgt. Dies hat sich inzwischen drastisch geändert, Smartwatches sind zum Lifestyle-Objekt geworden, die Batterielaufzeiten im Normalmodus betragen nunmehr locker einige Tage. Vier von zehn Deutschen haben Umfragen zufolge derzeit konkretes Interesse an einer Smartwatch, knapp jeder Fünfte will sich ein solches Multifunktionsinstrument zulegen.

 

Riesiger Wachstumsmarkt

FitBit 3Experten sind sich ob der riesigen Wachstumsperspektiven der Smartwatches, die zur Gruppe der sogenannten Wearables, also der tragbaren Funktionsgeräte gehören, einig, wenngleich man sich in der Definition des Marktpotenzials zum Teil deutlich unterscheidet. Die Marktanalysten von IHS etwa erwarten ein globales Liefervolumen von 101 Millionen im Jahr 2020. Zudem rechnen die Auguren damit, dass Smartwatches zunehmend auch zu einer der entscheidenden Produktsparten für Smartphone-Hersteller werden, um die eigene Kundschaft im Haus zu behalten.

Lag das Verhältnis zwischen verkauftem Smartphone und Smartwatch im vergangenen Jahr noch bei 500:1, soll es sich bis 2020 auf nur noch 20:1 reduzieren, die Bedeutung von Smartwatches für die Hersteller also deutlich zunehmen. Auch das amerikanische Investmenthaus JP Morgan hat den Smartwatch-Markt in einer aktuellen Studie genau unter die Lupe genommen. Für das laufende Jahr erwarten die Experten weltweite Verkäufe von 32 Millionen Smartwatches, die sich bis zum Jahr 2018 auf mindestens 180 Millionen fast versechsfachen soll. Damit würde der Markt in den kommenden Jahren um 40 Prozent pro Jahr zulegen.

Wichtigste Features: Fitness und Gesundheit

Fragt man Smartwatch-User nach der häufigsten Verwendung ihrer Uhr, setzt knapp die Hälfte die Smartwatch für die Fitness-Überwachung ein. GPS-Funktionen erlauben das Aufzeichnen der Strecke beim Joggen oder Radfahren und der späteren Analyse der einzelnen Streckenabschnitte auf Zeit oder Tempo, während man mit der Pulsfunktion stets den Herzschlag im Blick hat und je nach Trainingsziel in der richtigen Herzfrequenzzone trainiert.

Fitbit SurgeÜberhaupt sind Gesundheitsfunktionen ein weiterer extrem wichtiger Punkt für Smartwatch-Käufer. Neben dem Puls kann auch der Blutdruck überwacht werden, in kritischen Situationen können Verwandte oder der Arzt informiert werden. Kein Wunder, dass die Hersteller der Smartwatches angesichts der spektakulären Wachstumsaussichten an der Börse bei den Investoren hoch im Kurs stehen. So konnte der Aktienkurs von Apple seit der Präsentation der Apple Watch im vergangenen Herbst um rund 30 Prozent zulegen, was sicherlich nicht ausschließlich an der Markteinführung der lang erwarteten Apfel-Smartwatch liegt. Aber auch.

 

FitBit feiert spektakulären Börsenstart

FitBit IPOMitte Juni legte nun der Wearable-Hersteller FitBit ein grandioses Börsendebüt auf das Parkett. Am Ende der ersten Handelssitzung brachte es die Company damit auf einen Börsenwert von rund sechs Milliarden US-Dollar Am Markt wird der Titel passenderweise mit dem Börsenkürzel FIT geführt, zielen die Produkte auf den riesigen Fitness-Markt ab. Seit Start 2007 verkaufte die Firma aus San Francisco bis heute rund 20 Millionen so genannte Fitnesstracker – Armbänder, mit denen sich Training, Schritte und verbrauchte Kalorien aufzeichnen, archivieren und per Software oder App analysieren lassen. Das Geschäft brummt: Im zurückliegenden Jahr erwirtschaftete FitBit bei Umsätzen von 745 Millionen US-Dollar einen Gewinn von 130 Millionen US-Dollar, allein zwischen Januar und März konnte das Unternehmen seinen Nettogewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 48 Millionen US-Dollar verfünffachen.

 

Fitness-Superwatch „Surge“

FitBit 2Seit wenigen Monaten ist das Flaggschiffmodell von FitBit „Surge“ auch auf dem deutschen Markt erhältlich. Nach den riesigen Erfolgen mit den Fitness-Armbändern in den zurückliegenden Jahren ist das Unternehmen nun auch mit einer echten Smartwatch am Start, die über eingehende SMS informiert und mit der sich die Musikwiedergabe über das Smartphone steuern lässt. Als Fitness-Tracker ist die Surge mit weitaus größeren Möglichkeiten ausgestattet als Schritte oder verbrauchte Kalorien zu zählen.

Schon durch das normale Tragen der Surge wird die Aktivität des Nutzers gemessen, Schritte und selbst der Wechsel zwischen Stockwerken registriert. Im Sport-Modus, bei dem sich zwischen unterschiedlichen Sportarten auswählen lässt, lassen sich dank integrierter GPS-Funktion zurückgelegte Entfernungen inkl. absolvierter Höhenmeter, Tempo, Streckenverläufe und Zwischenzeiten aufzeichnen, während dabei stets der Puls des Sportlers stets im Auge behalten wird – ohne einen lästigen Brustgurt.

 

FitBit LogoIm Praxistest der „Sellawie“-Redaktion trägt sich die Surge dank des geringen Gewichts ausgesprochen angenehm. Per Touchscreen lässt sich die Uhr einfach und intuitiv bedienen, die Anzeige ist selbst bei Sonneneinstrahlung exzellent zu erkennen, die Übersichten klar und logisch angeordnet. Während des Trainingslaufs kann per kurzem Fingerwisch zwischen einzelnen Anzeigen wie bspw. Distanz, Tempo, Durchschnittszeit pro Kilometer, Puls oder Uhrzeit leicht gewechselt werden. Nach Abschluss des Trainings kann der Sportler auf einen Blick die Bilanz der Einheit ziehen.

Für die genauere Analyse werden die Daten schließlich per Bluetooth 4.0 an den PC, Laptop oder eines der über 100 kompatiblen Smartphones übertragen, wo die Trainingseinheiten schließlich in aller Ausführlichkeit ausgewertet werden können. Spielend leicht lassen sich die einzelnen Einheiten miteinander vergleichen und Trainingskontrollen über längere Zeiträume durchführen. Das Setzen eigener Ziele, für deren Erreichen es Auszeichnungen vom System gibt, oder der direkte Vergleich mit verbundenen Freunden und Familienmitgliedern, sollen zur Motivationssteigerung beitragen.

Wer möchte, kann gar seine komplette Ernährung detailliert eingeben und damit nicht nur die verbrauchten Kalorien, sondern den kompletten Energiehaushalt im Blick behalten. Trägt man die Surge auch nachts, erkennt die Fitness-Superwatch mit einer erstaunlichen Präzision automatisch, wann der Sportler zu Bett geht, wie ruhig die Schlafzeit verlaufen ist und mit welchem Ruhepuls die Nachtruhe gehalten wurde. Die Weckfunktion holt den Träger der Surge per dezenten Vibrationsalarm aus den Träumen. Überrascht sind wir im Praxistest auch ob der starken Laufzeit des Akkus. Rund eine Woche kann die Uhr problemlos ohne Netz getragen werden, bei GPD-Nutzung beträgt die Laufzeit um die fünf Stunden, sodass auch Marathonläufer ihre Freude an der Surge haben werden.

Fazit: Will man an der FitBit Surge Kritikpunkte finden, dann vielleicht am etwas ideenlosen Design, die die Superwatch nicht unbedingt zum trendigen Accessoire für den Disco-Besuch am Wochenende macht. Das muss sie auch gar nicht sein. Vielmehr ist die Surge ein sehr angenehm zu tragender und bestens ausgestatteter Begleiter beim Sport, mit dem sich auf zusätzliche Geräte und wie Smartphone oder Brustgurt leicht verzichten lässt. Das Dashboard zur Analyse am PC oder per Smartphone bietet umfassende Erkenntnisse zum Training, Auswertung und Zielsetzungen sorgen für zusätzliche Motivation.

Fotos: FitBit