Umgeben von einem 16 Hektar großen Park mit eigenem See, Tennisplätzen und Jogging Pfad, liegt das Kempinski Gravenbruch kaum eine Viertelstunde entfernt vom Zentrum Frankfurts. Satte 50 Millionen Euro nahm Europas älteste Hotelgruppe in die Hand, um das Haus von Grund auf zu erneuern.

Den Lotosblütenteich gab es schon vor der Renovierung, doch der findet sich nicht in der weitläufigen Parkanlage, sondern steht für ein Gourmet-Print_SraBua01Erlebnis der besonderen Art. Die thailändische Übersetzung heißt Sra Bua und steht für eine spannende Melange europäischer und asiatischer Hochküche. In der asiatischen Symbolik verkörpert die Lotosblüte Reinheit, Perfektion und Kostbarkeit. Diese Attribute kulinarisch zu interpretieren ist zweifellos ein ambitionierter Anspruch. Ein Grund mehr für Kempinski, mit Juan Amador im Dezember 2013 einen der Großen der Gourmet-Szene als Berater an Bord zu holen. Seine außergewöhnliche Kunstfertigkeit zeigt der Schwabe mit spanischen Wurzeln schon seit Jahren im mit drei Michelin-Sternen bewerteten “Restaurant Amador” in einer ehemaligen Mannheimer Spielzeugfabrik.

Print_DennisMaierSraBuaSein Restaurant hat der Meisterkoch denn auch nicht verlassen, im Kempinski Gravenbruch ist er ein- bis zweimal im Monat präsent. Mehr ist offenbar nicht nötig, denn mit Dennis Maier hat ein herausragender Vertreter seiner Zunft das Küchenzepter in der Hand, der auf Anhieb den ersten Stern für das Sra Bua erkochte. Mit Juan Amador verbindet ihn ein ganzes Jahr in Mannheim. „Ich weiß, wie er tickt und worauf er Wert legt“, schmunzelt er.

Zuvor verfeinerte er seine Kunst im Sterne-Restaurant Da Gianni in Mannheim und im Port Petit im mallorquinischen Cala d’Or. Seine letzte Station vor dem Sra Bua Gravenbruch war das mit einem Michelin-Stern geschmückte Restaurant Freundstück im Hotel Ketschauer Hof in Deidesheim, wo er als Souschef tätig war.

„Ich liebe die Produktvielfalt und Frische der asiatischen Küche, das Zusammenspiel der Aromen und die schier unendliche kulinarische Vielfalt eines ganzen Kontinents“, schwärmt der 1982 in Mannheim geborene Maier. Kombiniert mit erstklassigen europäischen Produkten wird daraus eine Crossover-Küche, die großen Spaß macht. Gespeist wird in bequemen Sesseln in einem Raum, der einem schwungvollen Bogen nachempfunden ist. Zwei Bereiche stehen zu Wahl: ein Äußerer in warmer Sandfarbe und die Rotunde im Inneren. Figuren, die jenen der chinesischen Terrakotta-Armee gleichen, zieren das Restaurant. Ob Zufall oder nicht: Manche ihrer Gesichter ähneln dem Antlitz von Patron Juan Amador.

Schon mit den Amuse Bouches demonstriert der Chef de Cuisine, wie präzise er die P1000665asiatisch-europäische Freundschaft in exzeptionellen Wohlgeschmack transformiert. So kombiniert er seinen Thunfisch-Tatar mit Gurken-Espuma und Schweine-Popcorn, den zartbissigen Kaisergranat erweitert er sensorisch mit Avocado-Creme und platziert ihn auf einem Reis-Chip, während er den Rehschinken mit Kürbis und Pilz-Chip anrichtet.

Sommelier und Restaurantleiter und Christian Schrader reicht dazu mit dem Bulles de Comptoir einen frischen und ungemein lebendigen Winzerchampagner von Charles Dufour. Schrader ist kein Unbekannter im Kempinski-Universum. In der nahegelegenen Villa Rothschild in Königstein im Taunus punktete er bereits mit seinem beachtlichen Sachverstand. An diesem Abend konzentriert er sich ausschließlich auf Weine aus Rheinhessen, der Pfalz und der Mosel (ein ausgezeichneter Riesling Großes Gewächs von Van Volxem und ein fruchtüßer Riesling Kabinett von Vorzeigewinzer Egon Müller). Aus dem nahen Ausland stammt allein ein Zweigelt vom Schloss Gobelsburg im österreichischen Kamptal. Schade, dass es nur ein Qualitätswein ist.

Besonders angetan hat es ihm das von Thomas Hensel betriebene Wachenheimer Weingut Odinstal, mit dem er gleich zweimal aufwartet. Fast könnte man meinen, Schrader wüsste von der Heimatstadt des Autors dieser Zeilen. Das Odinstal erweckt warme Empfindungen an die Kindheit, in der ungezählte Spaziergänge hinauf zu dem 350 Meter hoch gelegenen Anhöhe führten, das damals noch längst kein Weingut war. Dank der Lage, die zu den höchsten in der Pfalz gehört und kühleren Temperaturen reifen die Trauben langsamer heran und haben mehr Zeit, Extrakt und die für Weißweine so wichtigen Säuren einzubauen.

start1Sommelier Schrader bringt einen trockenen 2013er Auxerrois 350 N.N. Der Wein überzeugt mit seiner leicht salzigen Mineralität, seinem vollen, nussigen Aroma und Nuancen von exotischen Früchten. Auch mit dem Silvaner aus dem Odinstal, ebenfalls Jahrgang 2013, zeigt Schrader seinen feinen önologischen Feinsinn.

Das aufmerksame Serviceteam hat inzwischen einen hervorragend betörenden Heilbutt serviert, der dank einer Tomatenessenz die richtige Nuance Säure bekommt. Ein Stückchen roher Blumenkohl fügt der Komposition noch den nötigen Biss hinzu, während der Joghurt für laktische Frische sorgt.

Mit dem Hiramasa Kingfish folgt ein weiterer Gruß aus der Küche, der mit der roten Bete eine erdig-europäische Note erhält und in zweierlei Texturen von Dill (klassisch und als Tropfen) aromatisch erweitert wird. Das Signature Dish des Sra Bua Gravenbruch heißt “Parfum de Siam” und ist eine Inkarnation thailändischen Aromenzaubers. Maître de Cuisine Maier kombiniert Thunfisch mit winzigen Shii Take-Pilzchen und grünem Curry Hara, der von Gewürz-Ikone Ingo Holland stammt. „Wir verfügen über fünf Gewürze, die Amador und Holland eigens für das Sra Bua kreiert haben“, verrät der Küchenchef.

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Bei ‚Muschel & Meer’ gibt es zur Aroma-Steigerung einen Sud von der gerösteten Muschel. Eine außen dunkel gefärbte Kugel aus Apfelschmand entwickelt im Zusammenspiel mit den meersalzigen Noten der Muschel völlig neue Geschmacksnuancen.

Extrem zart und mit dem richtigen Biss kommt das Short Rib aufs feine Porzellan, ungewöhnlich hoch der Fettanteil. Die Pilze gibt es in zweierlei Texturen: als mikroskopisch kleine weiße Buchenpilze und als Püree. Sellerie und Ingwer verfeinern das virtuose Spiel mit den Geschmacksnuancen.

„Bonz Ei 7“, dessen Aussprache nicht ohne Grund an die aus dem fernen Osten stammenden Bonsai-Bäumchen erinnert, könnte man als Maiers P1000680Hommage an Frankfurt interpretieren. Schließlich ist die kalte Grie Soß – zu Deutsch: grüne Soße – ein autochthones Schmankerl der Mainstadt ein Potpourri aus sieben Kräutern auf Basis von saurer Sahne und Schmand.

Das „Milcheis/Pflaume/Karamellisierte Schokolade/Isigny Crème Fraîche“ genannte Dessert ist eine präzise ausgearbeitete Verführung, der herrliche Petit Fours zur Abrundung folgen: ‚Zuckerwatte/Basilikum/Chili/Essig’, ‚Rambutan Surprise/Weiße Schokolade/Rosenwasser Granitée’ und ‚Liquid Banana Split’. Die Gourmandise im Sra Bua by Amador lässt sich besonders plastisch mit einem an den Bogart-Klassiker Casablanca angelehntes Zitat auf den Punkt bringen: Dies ist der Anfang einer wunderbaren europäisch-asiatischen Freundschaft.