In völliger Abgeschiedenheit an der Südwestküste Sansibars gelegen, ist The Residence Zanzibar eine Oase der Ruhe. Kulinarik-Fans können Küchenchef Denis Jean Jacque bei einem mehrstündigen Kochkurs über die Schulter schauen.
Auf den letzten Kilometern wird es ungemütlich. Knietiefe Schlaglöcher fordern selbst im Range Rover ihren Tribut von der Wirbelsäule. Fast instinktiv frage ich mich: Wie passt diese raue Piste zu einer Edelherberge wie ‚The Residence Zanzibar’? An der mangelnden Zeit kann es nicht liegen, schließlich wurde das Luxusresort bereits vor dreieinhalb Jahren eröffnet. Vielleicht auch ließ man der Natur nur ihren freien Lauf, um den Kontrast zur Vollkommenheit des hotelgewordenen Tropentraums an der Südwestküste Sansibars zu unterstreichen.
Empfangen von einem herzlichen „Karibu“ – zu Deutsch: Willkommen – der lächelnden Rezeptionistin tauche ich unmittelbar ein in die absolute Ruhe, fernab aller Hektik und Touristenströme.
32 Hektar Wald, Gärten sowie ein 1,5 Kilometer langer weißer Sandstrand umsäumen die 66 Villen des Resorts, das britische und indische Einflüsse mit der Tradition von Suaheli und dem Oman vereint. Teils mit Privat-Pool und Blick auf den topasblauen indischen Ozean bieten die Edelherbergen auf mindestens 100 Quadratmetern Wohnfläche, zu der sich ein Außenbereich über weitere 55 bis 145 Quadratmeter gesellt, allen Komfort – privater Butlerservice inklusive.
Wie schön, dass es im ersten Leading Hotels of the World Tansanias keine Gäste aus Russland gibt! Die, erzählt mir General Manager Michel Fredric, finden hier keinen Laufsteg für die geckenhafte Selbstdarstellung und auch kein Bling-Bling. Auch die in Luxushotels fast allgegenwärtige arabische Klientel fehlt hier – mangels opulenter Einkaufsmöglichkeiten. Schade nur, dass sich der Badespaß im Meer in Grenzen hält. Die Lagune ist zu seicht zum Schwimmen, zumal sich das Wasser bei Ebbe mehr als einen Kilometer zurückzieht. Zudem ist es fast unmöglich, den Strand vom Seegras zu befreien. Dafür gibt es keine nervenden Beach-Verkäufer und man kann die einheimischen Fischer bei ihrer Suche nach Meeresgetier beobachten.
Die Mountainbikes vor jeder Villentür sind eine willkommene Gelegenheit, um die teils langen Distanzen zwischen den Privatunterkünften, Restaurants und dem Spa in der tropischen Hitze zu überwinden. Wer es noch bequemer mag, lässt sich im Golf-Cart chauffieren. 270 dienstbare Geister kümmern sich um die bei voller Auslastung rund 130 Gäste. Das ist ein Angestelltenschnitt, der dank des immer hilfsbereiten und fast omnipräsenten Service keine Wünsche offen lässt – ganz ohne aufgesetztes Lächeln. Die Mitarbeiter sind hervorragend geschult: Neben meinem Namen hat etwa der junge Jamie am Tag nach meiner Ankunft auch meine Zimmernummer verinnerlicht – obwohl er mich nur einmal samt Gepäck in meine Villa gebracht hat. „Good Evening Mr. Euler“, ruft anderntags ein Mitarbeiter auf meinem Weg ins Restaurant aus dem Dunkel.
Die Arbeit von Resort-Direktor Michel Fredric trägt offensichtlich Früchte. Der smarte Franzose war schon ein Jahr vor der Eröffnung von ‚The Residence Zanzibar’ auf der Insel, um die Vorbereitung aktiv mitzugestalten und Mitarbeiter zu rekrutieren. Für die Schulung des Personals wurde ein Team vom Stammhaus aus Mauritius eingeflogen. Drei Jahre lang arbeiteten zeitweise über 800 Arbeiter an der Anlage.
Ebenfalls aus Frankreich stammt der für die Kulinarik verantwortliche Executive Chef Denis Jean Jacque. Zwei Restaurants stehen zur Auswahl: Der direkt am Strand gelegene ‚Dining Room’ mit seinen hochwertigen Kreationen der internationalen Küche und einem Hauch von Sansibars Gewürzen bietet einen herrlichen Blick über den Ozean – bis hinüber aufs Festland nach Daressalam. ‚The Pavillon Restaurant’ wartet am Abend mit großzügigen Buffets auf. Das Latino BBQ etwa umfasste allein zur Vorspeise u.a. Calamari-Salat mit roten Bohnen und Jalapeños, Garnelensalat mit gegrillten Zucchini, frischen Tomatenblüten, und Mais, Hähnchensalat mit Kokosnuss oder Oktopus-Salat mit roten Chilis und Koriander. Dazu Chips von grünen Bananen, Maniok und Süßkartoffeln oder Meeresfrüchte mit Avocados.
An der Live Cooking Station standen verschiedenste mexikanische Tortillas, geminztes Rindfleisch oder Dorade zur Auswahl. Am Grill: Rinder-, Fisch- oder Calamari-Spieße und Hähnchenschlegel. Zur Abrundung lockte ein immenses Dessert-Buffet: Diverse Shooter (z.B. Panacotta & Karamell, Coconut Stone & Passionsfrucht-Mousse), Mangospieß, Arabica & Macadamia-Roulade, Piña Colada-Pudding oder süßen Crêpes – um nur Einige zu nennen. Begleitet wird der Reigen von unterschiedlichen Bands, deren Qualität leider nicht mit der des Essens mithalten kann. Auch die Lautstärke passt nicht zur sonst so paradiesischen Ruhe des noblen Resorts.
Die abendlichen Gaumenschmeichler inspirieren dazu, selbst zum Kochlöffel zu greifen. Wer Executive Chef Denis Jean Jacque bei seiner Arbeit über die Schulter schauen will, hat dazu beim ‘Extreme Cooking’ die Gelegenheit. So nennt der Herr der Herde seinen Kochkurs mit maximal vier Personen, in dessen Mittelpunkt die Zubereitung von Fisch steht. Die Teilnehmer haben die Wahl zwischen asiatischer, mediterraner und kreolischer Küche. Weitere Optionen sind Desserts-Kreationen und eine Weinverkostung. Im nahen Fischerdorf Kizimkazi kaufen wir fangfrisch, was später – nach getaner Chef-Assistenz – auf dem Teller landen wird: Red Snapper. Doch zuvor lehrt uns eine „Spice Tour“ auf sinnlich-genussfreudige Weise, warum Sansibar fast gebetsmühlenartig als „Gewürzinsel“ bezeichnet wird.
Zurück in der Restaurantküche legen wir Hand an den Fisch. Begleitet werden soll er von einer Currysauce. Was zunächst altbekannt und traditionell klingt, wird unter Anleitung von Denis Jean Jacque zu einer geradezu autochthonen Varietät aus Sansibar. So bilden einheimische Gewürze wie Koriander, Kardamom, Kreuzkümmel, Nelken, Kurkuma und natürlich Pfeffer – leicht angeröstet – die Grundlage für die Gewürzpaste. Der Fisch wiederum wird u.a. mit Curry-Blättern, Knoblauch- und Ingwerpaste, Zimtstangen und Kokosmilch zubereitet.
Serviert wird das Mahl im Dining Room einen Steinwurf vom Meer entfernt – mit einem südafrikanischen Sauvignon Blanc aus dem Hause Ken Forrester. Wie schön, dass danach nur noch ein wohlverdientes Schläfchen in der Privatvilla wartet. Das Fahrrad lasse ich dieses Mal stehen. Wohlig berauscht von Essen und Wein lasse ich mich auf den Beifahrersitz eines Golfcarts sinken. Jamie wartet schon.
Bilder: Cenizaro, C. Euler
[…] http://www.sellawie.com […]